Nach Vollendung des 18. Lebensjahres wird Kindergeld nur noch unter spezifischen Bedingungen gezahlt. Für Studieninteressierte, Studierende oder Absolvierende wird im Folgenden vor allem der Ausbildungsstatus und Übergangszeiten näher diskutiert (vollständige Regelungen in § 32 EStG, insb. Abs. 4). Bedingungen demnach:
- Das Kind befindet sich in Ausbildung oder sucht einen Ausbildungs- bzw. Studienplatz.
- Und das Kind ist noch nicht 25 Jahre alt
Bei Behinderung kann die Altersgrenze entfallen. - Wenn eine zweite Ausbildung betrieben wird, darf daneben keine zu zeitintensive Erwerbstätigkeit treten, dazu mehr...
Bei Studierenden beginnt der Ausbildungsstatus mit dem ersten Tag des ersten Semesters und endet in der Regel mit dem Erhalt des Abschlusszeugnisses. Da die Übergänge manchmal nicht ganz so einfach zu bestimmen sind, wird in den präzisierenden Ausführungen unten immer wieder auf Belegstellen in der DienstAnordnung zum Kindergeld verwiesen:
Material: pdf Dienstanordnung zum Kindergeld (843 KB)
Die vorhergehende Ausbildungsplatz- oder Studienplatzsuche kann kindergeldrechtlich berücksichtigt werden. Vor dem Studium können auch Auslandsaufenthalte zum Spracherwerb, Praktika, Traineeprogramme oder Volontariate (sofern für das Studium wesentlich) die Statusbedingung erfüllen, wenn ein hinreichend strukturierter Ausbildungsplan vorliegt (dazu unten mehr!). Auch Orientierungspraktika von bis zu drei Monaten Dauer sind möglich.
Aus der Dienstanordnung zum Kindergeld lassen sich keine direkten Erkenntnisse gewinnen, die sich auf diesen Status beziehen. Hinweise zum zeitlichen Umfang und dem Organisationsgrad der Ausbildung finden sich allgemein in Abschnitt A 15:
Berufsbegleitendes Studium oder studiumsbegleitender Job?
"(4) Zu berücksichtigen ist auch die Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf, wenn diese dazu dient, zu einer höheren beruflichen Qualifikation zu gelangen, sowie die Ausbildung für einen anderen Beruf (beachte aber A 20.3)." (zitiert aus A 15.1 Abs. 4)
Wichtig ist der Hinweis auf 20.3, weil dort der Aufwand für Arbeit neben dem Studium begrenzt wird.
Intensität des Studiums ausreichend?
"(1) 1Die Ausbildung ist berücksichtigungsfähig, wenn sich das Kind ernsthaft und nachhaltig auf das Erreichen eines bestimmten Berufsziels vorbereitet. 2Anders als z. B. bei einem Sprachunterricht im Ausland (vgl. A 15.9), ist bei einer Ausbildung in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Prüfung der Ernsthaftigkeit, beispielsweise anhand zeitlicher Kriterien, regelmäßig nicht erforderlich (vgl. BFH vom 8.9.2016, III R 27/15, BStBl II 2017 S. 278).
(2) (...)
(3) 1Es ist zwar kein zeitliches Mindestmaß an einer Ausbildungsmaßnahme zu fordern, gleichwohl kann die tatsächliche zeitliche Inanspruchnahme als Anhaltspunkt für die Ernsthaftigkeit der Ausbildung herangezogen werden. 2So kann beispielsweise eine tatsächliche Unterrichts-bzw. Ausbildungszeit von zehn Wochenstunden regelmäßig als ausreichende Ausbildung anerkannt werden. (...)" (zitiert aus A 15.3 Abs. 1 und 3)
Dies sind die reinen Veranstaltungszeiten, hinzu kommt:
"Üblich ist ein Zeitaufwand für die häusliche Vor- und Nacharbeit, welcher der Dauer der Unterrichts- bzw. Ausbildungszeit entspricht, sowie ein Zeitaufwand für den Weg von und zur Ausbildungsstätte bis zu einer Stunde für die einfache Wegstrecke." (zitiert aus A 15.3 Abs. 3)
Ein Teilzeitstudium scheint mit den zitierten Äußerungen in Einklang zu stehen, wenn bei 15 Kreditpunkten von einer Unterrichtsbelastung von 10 Semsterwochenstunden ausgegangen werden kann. Das Prüfungsamt der Universität Oldenburg hat bestätigt, dass 10 SWS in der Regel erreicht werden. Ein Teilzeitstudium von unter 50% wäre aber in der Regel nicht kompatibel zum Kindergeldbezug.
Eine Unterbrechung durch Ausschluss vom Unterricht oder durch Beurlaubung vom Studium bewirkt für diesen Zeitraum eine Einstellung der Kindergeldzahlungen. In der Dienstanordnung zum Kindergeld werden aber eine Reihe von Ausnahmen formuliert, die unten dargestellt werden.
Material: pdf Dienstanordnung zum Kindergeld (843 KB)
Ausnahmen:
-
Beurlaubung in der Mutterschutzfrist:
" (...) 7Eine Studierende ist für die Dauer des Semesters zu berücksichtigen, in dem die Entbindung zu erwarten ist, längstens bis zum Ablauf des Monats, in dem die Schutzfrist des § 3 Abs. 2 MuSchG endet. 8Wird das Studium jedoch in dem darauf folgenden Semester fortgesetzt, ist die Studierende auch darüber hinaus bis zum Semesterbeginn zu berücksichtigen."
(zitiert aus A 15.11 Abs. 3) -
Beurlaubung wegen Krankheit:
"(1) 1Eine anspruchsschädliche Unterbrechung der Ausbildung liegt nicht vor, solange während einer Erkrankung die rechtliche Bindung zur Ausbildungsstätte bzw. zum Ausbilder fortbesteht und die Durchführung der Ausbildungsmaßnahmen wegen einer vorübergehenden Erkrankung unterbleibt (BFH vom 15.12.2021, III R 43/20, BStBl II 2022 S. 472). 2Von einer vorübergehenden Erkrankung ist auszugehen, wenn sie im Hinblick auf die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig nicht länger als sechs Monate währt (BFH vom 31.08.2021, III R 41/19, BStBl II 2022 S. 465). 3DieErkrankung und das voraussichtliche Ende der Erkrankung sind durch eine Bescheinigung des behandelnden Arztes nachzuweisen. 4Ist nach den ärztlichen Feststellungen das voraussichtliche Ende der Erkrankung nicht absehbar oder währt die Erkrankung bzw. die von ihr ausgehende Beeinträchtigung länger als sechs Monate, ist zu prüfen, ob das Kind wegen einer Behinderung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden kann. (...)
(2) Ein Studierender ist während einer Unterbrechung seines Studiums zu berücksichtigen, wenn er wegen Erkrankung beurlaubt oder von der Belegpflicht befreit ist und dies der Familienkasse unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nachgewiesen wird; (...)
Die Berücksichtigung erfolgt für das betreffende Studiensemester einschließlich der Semesterferien, in dem der Studierende durch Krankheit gehindert ist, seinem Studium nachzugehen. Dies gilt auch, wenn die Erkrankung vor Ablauf des Semesters endet, das Studium aber erst im darauf folgenden Semester fortgesetzt wird."
(zitiert aus A 15.11 Abs. 1 und 2) -
Beurlaubung wegen Durchführung eines Praktikums im Zusammenhang mit der Ausbildung (A 15.8, dort wegen freiwilliger, also nicht in der Prüfungsordnung vorgeschriebener Praktika die Restriktionen bzgl. Dauer und Planhaftigkeit beachten!)
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Aufenthalt im Ausland zum Spracherwerb, sofern Immatrikulation im Ausland vorliegt oder aber anderweitige, hinreichend intensive Schulung vorliegt (DA 15.9)
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Während einer Beurlaubung werden Prüfungen nachweislich vorbereitet:
"(3) Eine Beurlaubung vom Studium oder eine Befreiung von der Teilnahme an Vorlesungen (Befreiung von der Belegpflicht) ist auch bei fortdauernder Immatrikulation grundsätzlich als tatsächliche Unterbrechung des Hochschulbesuchs anzusehen (...), es sei denn, die Beurlaubung erfolgt zum Zwecke der Durchführung einer zusätzlichen Maßnahme i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG, zum Zwecke der Prüfungsvorbereitung (...)"
(zitiert aus A 15.7 Abs. 3) -
Die Abschlussprüfungen werden durchgeführt:
"Für die Berücksichtigung von Prüfungszeiten ist es nicht erforderlich, dass das Kind weiterhin immatrikuliert ist."
(zitiert aus A 15.10 Abs. 10 Satz 1; siehe aber Absätze 9 und 10 insgesamt!)
Die Ausbildung "endet regelmäßig mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. 4Das Prüfungsergebnis ist dem Kind bekanntgegeben, sobald es eine schriftliche Bestätigung über den erfolgreichen Abschluss und die erzielten Abschlussnoten erhalten hat oder objektiv die Möglichkeit hat, eine solche schriftliche Bestätigung über ein Online-Portal der Hochschule erstellen zu können. 5Entscheidend ist, welches Ereignis früher eintritt (BFH vom 7.7.2021, III R 40/19, BStBl II S. 864)."
(A 15.10 Abs. 9 Satz 3-5).
Abweichendes Urteil des Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 24. 2. 2010 - III R 80/ 08): Im Falle eines Studierenden, der seine letzte Prüfung bereits absolviert hatte, der aber eine dringend notwendige Zusatzqualifikation benötigte und dafür im selben Studiengang fortgesetzt immatrikuliert blieb, hatte der BFH sich für eine Fortsetzung des Kindergeldbezugs entschieden. Allerdings wurden höhere Anforderungen an die Nachweispflicht gestellt, was den Umfang und die Ernsthaftigkeit der Ausbildungsbemühungen betrifft (siehe dort Randziffer 12!).
Es ist auch möglich, dass der kindergeldrechtliche Ausbildungsstatus über das Ende des letzten Semesters hinausreicht oder während einer Beurlaubung fortexistiert (siehe Abschnitt Beurlaubung!), wenn nachgewiesen wird, dass in dieser Zeit noch Prüfungen abgelegt werden (A 15.10 Abs. 10).
Darüber hinaus kann natürlich ein gleichzeitig betriebenes Zweitstudium oder vorgeschriebenes Praktikum jeden Statusverlust im Erststudium kompensieren.
Sofern die Ausbildung mehrgliedrig organisiert ist und zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nur bis zu vier Monaten "Übergangszeit" liegen, so kann auch in dieser Phase Kindergeld gezahlt werden (A 16). Dauert die Zeit länger als vier Monate, so kann der Status "Kind ohne Ausbildungsplatz" bei Nachweis entsprechender Suchbemühungen Kindergeldzahlungen auslösen (A 17).
Da das Referendariat oder Anerkennungspraktika als Ausbildung zählen (A 15.2), ist eine Wartezeit zwischen Studium und Beginn des Referendariat als "Übergangszeit" oder "Ausbildungsplatzsuchzeit" wie oben beschrieben verstehbar, also kindergeldrechtlich ein Zahlungszeitraum.
Die Famlienkassen der Bundesagentur für Arbeit sind zuständig für die Bearbeitung von Anträgen und stellen PDFs online zur Verfügung. Das Bundeszentralamt für Steuern erstellt als Aufsichtsbehörde Dienstanweisungen.