Eine seltene Konstellation

"Bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte wird vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt." (§ 139 Abs. 2 SGB III)

Diese Bestimmung soll Studierende weitestgehend vom Arbeitsamt fernhalten, denn wer keine versicherungspflichtige Arbeit annehmen kann, gilt nicht als arbeitslos und kann somit auch keine Leistungen beziehen. Sofern ein Anspruch auf Leistungen vom Arbeitsamt aber grundsätzlich vorliegt, weil zuvor arbeitslosenversicherungspflichtig gearbeitet wurde, lohnt sich eine genaue Prüfung.

Unter bestimmten Umständen kann die "Vermutung widerlegt" werden. Dies gilt

  1. innerhalb eines Urlaubssemesters ohne Prüfungsbelastung,
  2. wenn alle studienbegleitenden Prüfungen absolviert wurden, die Anmeldung zur Abschlussarbeit aber noch nicht vollzogen wurde (Zeitfenster ohne Prüfungsbelastung),
  3. wenn das Studium auf unter 50% der Regelstundenzahl reduziert wird und die Lage der Veranstaltungen eine Arbeitsvermittlung zulässt (wird per Fragebogen genau abgefragt)
    oder
  4. bei Beginn des Studiums in der kurzen Phase zwischen offiziellem Semesterbeginn (1.10.) und Vorlesungsbeginn (z.B. 15.10.).

Die Fallkonstellation 3 ist durch die Einführung von Teilzeitstudiengängen ermöglicht worden. In den Fachlichen Weisungen findet dies erstmals in der Fassung vom 20.4.2017 Erwähnung, ohne den Begriff Teilzeitstudium zu nutzen. Es wurden im Vergleich zur vorherigen Fassung sehr viele Bestimmungen gelöscht, die aber dennoch wichtig sein könnten. Dies sollte in einer Beratung genauer besprochen werden.
pdf Fachliche Weisungen zu § 139 SGB III (148 KB)

Fallkonstellation 4 ist sehr wichtig für Studieninteressierte, die bei Beginn des Studiums aus einer Beschäftigung kommen, wenn sie ihren Arbeitslosengeldanspruch noch nicht erwirkt haben. Im Studium lässt sich dies meist nur schwer nacholen und schon nach 1,5 Jahren verschwinden die Ansprüche hinter einen Zeithorizont (Rahmenfrist). Ist der Anspruch aber erst einmal ermittelt worden, kann er vier Jahre lang wieder aufleben.

Arbeitslosengeldbezug eröffnet nicht automatisch späteren SGB II-Anspruch

Ab 1.1.2005 gibt es neben Arbeitslosengeld auch die "Grundsicherung für Arbeitssuchende" nach dem SGB II (ab 2023 umbenannt zu "Bürgergeld"). Im SGB II werden Studierende nach anderen Kriterien grundsätzlich ausgeschlossen als beim Arbeitslosengeld. Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt spielt dabei keine entscheidende Rolle. Wer folglich vormals als StudierendeR Arbeitslosengeld bezog, kann daraus nicht ableiten, SGB II-Leistungen zu erhalten.

     
Top